EPITAPH HIER IST DIE GANZE WELT

2019, Installation für die Landesgalerie Niederösterreich, jetzt dauerhaft im Museum Krems.

150 x 70 x 2 cm, vergoldete Gravur auf Granit (Nero assoluto).

In dieser Schale eine ganze Welt
Konrad Paul Liessmann

Guido Kucskos „Epitaph“ variiert den vor allem aus Kirchen bekannten Totengedenkstein in einer ebenso klaren wie verblüffenden Form. Der Erinnerte bleibt anonym, in doppelter Hinsicht: Das Epitaph kennt keinen Namen und keine Lebensdaten; und es signalisiert eine Fremdheit der Welt gegenüber, die mit Heimatlosigkeit nur unzulänglich beschrieben wäre. Das klassische Symbol der Vergänglichkeit, der Totenschädel, ist geöffnet, und seine Leere wird zur eigentlichen Fülle des Daseins.

Nicht in dieser Welt, nicht in einer anderen, nicht hier und auch nicht dort erfährt der Mensch seine Existenz, sondern er selbst und alle Welt waren in dieser Schale. Guido Kucsko gestaltet durch die schmucklose, klare, schwarze Granitplatte einen radikalen metaphysischen Solipsismus von höchster ästhetischer Intensität: Wer wir sind, was wir denken und fühlen, was wir von der Welt erfahren und empfinden, was wir für die Welt halten, ereignet sich ausschließlich in unserem Gehirn. Dieses ist mehr als ein Organ, es ist die verdichtete, ihrer selbst bewusst gewordene Existenz.

Der Schädel als geöffnetes Gefäß des nun entschwundenen Ich lässt die Endlichkeit des Daseins zu einem eindrücklichen Bild gerinnen. Die Inschrift lässt keinen Zweifel: In unserem Kopf fallen wir mit der Welt zusammen. Aber, und auch daran erinnert das Epitaph: Diese Einsicht ist nur den Toten vergönnt. Die Lebenden müssen in einer Weise um Orte, Identitäten und Zugehörigkeiten ringen, die manchmal in keinen Schädel passen wollen.

ALCHEMIST EPITAPH

2021, Installation für das Francisco Carolinum, Linz.

150 x 70 x 2 cm, vergoldete Gravur auf Granit (Nero assoluto).

Epitaphien erinnern an das Außergewöhnliche. 2021 hatte sich der Charakter des 1895 von Kaiser Franz Josef eröffneten Museums Francisco Carolinum in Linz grundlegend geändert. Es wurde ein neues Museum, nunmehr der Fotografie und Medienkunst gewidmet. Diese Neueröffnung mit der bahnbrechenden Ausstellung PROOF OF ART (zur Geschichte der NFTs und der digitalen Kunst) sowie die Gründung einer Sammlung für NFTs und digitale Kunst waren ein solch außergewöhnliches Ereignis, an das nun dauerhaft dieses EPITAPH erinnert. Parallel zu dieser physischen Präsenz wurde das EPITAPH mit einem NFT verknüpft (der in die Sammlung aufgenommen wurde). Sein digitaler Zwilling wurde in der Metaverse ausgestellt. - Wir wollten damals einfach all diese neuen Formen der Werkpräsentation ausprobieren (und haben dies dann auch juristisch kommentiert).

Und irgendwie hatte sich dieser damalige Hype um NFTs, die zu enormen Preisen gehandelt wurden, angefühlt wie Alchemie.